Birgit Bauer Booklet
Birgit Bauer Booklet
BIRGIT BAUER:

Daten helfen Menschen

Birgit Bauer

Mein Name ist Birgit Bauer und ich lebe seit 18 Jahren mit der Diagnose Multiple Sklerose. Es war und ist nicht immer einfach, ich habe viel gelernt auf meinem Weg, auch über das komplizierte Gesundheitssystem, mit dem man nach einer Diagnose konfrontiert wird. Das Leben mit einer chronischen, derzeit nicht heilbaren, aber beherrschbaren Erkrankung ist wie ein zweiter Job. Man wird auf diese Weise zum Dokumentenzusteller, Erkrankungsmanager, wegen einer fehlen - den elektronischen Patientenakte zum Dokumentationsexperten – oder Datensammler. Krank zu sein ist komplex. Damit bin ich nicht allein. Es ist ein Thema, dass Patienten regelmäßig betrifft.

Daher engagiere ich mich seit über zehn Jahren für die elektronische Patientenakte, Digitalisierung und für das Teilen von Gesundheitsdaten. Weil gerade die gesammelten Daten über eine Person so wichtig sind. Für Therapie, Erkenntnisse über den Verlauf einer Erkrankung und auch für die Forschung. Daten jetzt verfügbar zu haben heißt: Ärzte haben bessere Einblicke in die eigene Erkrankungsgeschichte, sie können besser empfehlen – und gemeinsam mit ihren Patienten entscheiden.

Wir reden hier über Shared-Decision-Making und damit über ein entscheidendes Element in einer guten Beziehung zwischen Patienten und ihren Ärzten. Dafür brauchen wir die elektronische Patientenakte, den europäischen Gesundheitsdatenraum und nicht zuletzt Gesundheitsdaten. In meiner Aktivität als Expertin für Digital Health und Patientenkommunikation in ganz Europa sehe ich, was besser werden muss. Warum?

Wir müssen Digitalisierung nutzen, um Versorgung, Forschung und Vorsorge wesentlich zu verbessern und unsere Gesundheitssysteme in eine gesunde digitale Zukunft zu bringen. Weil Patienten besser entscheiden, wenn sie informiert sind, und damit auch die Versorgung effektiver wird.

Daten helfen. Wenn wir sie richtig anwenden und teilen. Ärzte können bessere Empfehlungen abgeben und gemeinsam mit ihren Patienten entscheiden, was die beste Therapieoption ist. Forscher können mit Daten schneller für neue Erkenntnisse oder Diagnosewege sorgen.

Deshalb schloss ich mich vor Jahren schon der Bewegung Data Saves Lives an. 2014 mit dem einfachen Hashtag #datasaveslives von einer kleinen Initiative in England gegründet, kam sie 2019 nach Europa. Gegründet vom European Patients Forum (EPF) und The European Institute for Innovation through Health Data (dessen Kürzel i~HD lautet) nahm die Initiative weiter Fahrt auf und wurde zu einer der Plattformen, die Patienten und Patientenorganisationen dabei unterstützen, sich über das Teilen von Gesundheitsdaten zu informieren.

Patienten sind interessiert daran, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sie wünschen die Diskussion und die Einbeziehung, wenn es darum geht, Systeme zu schaffen, die „nutzerfreundlich“ sind. Wir reden von Patientenpartizipation. Für alle. Patient Experts, die sich gut auskennen, genauso wie Patientenorganisationen und maßgebliche Verbände. Sie alle müssen gehört und in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Auf landesweiter Ebene. Weil diese Entscheidungen am Ende sie direkt und als Erste betreffen.

2022 habe ich das Projekt Data Saves Lives nach Deutschland geholt. Gerade Patienten benötigen Informationen und eine öffentliche Diskussion, um gehört zu werden. Das Thema Teilen von Gesundheitsdaten war noch nie wichtiger als jetzt. Es ist keine Zeit mehr, über Kommunikationskampagnen zu diskutieren, wir müssen jetzt informieren. Oberste Prämisse von Data Saves Lives ist, dass wir niemanden davon überzeugen wollen, die eigenen Gesundheitsdaten zu teilen. Aber wir wollen fit machen für eine gesunde digitale Zukunft. Weil es um gute Entscheidungen in Sachen Gesundheitsdaten geht und das Thema uns alle betrifft. Besonders aber geht es um die, die jetzt bessere Versorgung benötigen: die Patienten.

Deshalb ist es unsere Vision, das Thema mit allen Beteiligten zu diskutieren und besonders die Stimme derer hörbar zu machen, die das Thema am meisten und jetzt betrifft: Patienten, Patientenorganisationen und die Bürger. Wir brauchen den Dialog, um zu verstehen, was jede Gruppe benötigt und was wichtig ist. Es geht um Vernetzung und das Verstehen von Bedürfnissen, Zielen und nötigen Schritten. Wir wollen sie unterstützen, ihr Wissen zum Thema Gesundheitsdaten zu erweitern und ihr Bewusstsein dafür zu schärfen.

Offenheit und Transparenz sind unsere Leitmotive im gemeinsamen Umsetzen der „Data Saves Lives“-Initiative, die von den Wünschen und Gedanken der Nutzergruppen lebt. Das bedeutet für uns, das Projekt an den konkreten Anforderungen der Diskussionen auszurichten und die notwendigen Informationen bereitzustellen, die für eine sinnstiftende Diskussion wichtig sind.

Das Teilen von Gesundheitsdaten ist ein gesellschaftliches Thema. Ist eine Gesellschaft gesund, wachsen Wohlstand und Wohlbefinden. Je mehr wir über den gesundheitlichen Zustand der Bürger eines Landes wissen, desto besser können wir Vorsorge betreiben, Versorgung verbessern und Notfallpläne entwickeln, die z. B. helfen, Pandemien gut zu überstehen.

Last but not least: Natürlich sind Gesundheitsdaten ein hohes Gut. Wir müssen sie schützen, weil sie das Intimste sind, das ein Mensch zu geben hat. Dafür ist es nötig, gemeinsam durchdachte Gesetze zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass jede Person in der eigenen elektronischen Patientenakte das Kommando darüber hat, welche Daten wo geteilt werden.

Die Frage, ob wir Daten mehr schützen müssen als Menschen, die leiden, weil die Daten, die ihnen helfen könnten, unter Verschluss sind und nicht genutzt werden dürfen, müssen wir daher weise beantworten. Um Gesundheit wie Versorgung in Zukunft auch gesund zu gestalten. Data Saves Lives – ready to save lives!